Stolpersteine für Kopf und Herz

Am Gedenktag zur Reichspogromnacht am 9. November fand die Aktion „Stolpersteine putzen“ an der Hedwig-Dohm-Schule in Stuttgart statt.

Nur 39 Jahre alt wurde die Widerstandskämpferin Else Himmelheber, die ihre Kindheit in ihrem Geburtsort Stuttgart verbrachte, bevor Sie von den Nazis in das Konzentrationslager Dachau deportiert und erschossen wurde. Damit ihr Schicksal nicht in Vergessenheit gerät, erinnert nun ein Stolperstein in Stuttgart an ihren Wohnort. Diesen und zahlreiche weitere Gedenksteine putzten und polierten 60 Schülerinnen und Schüler aller Schularten der Hedwig-Dohm-Schule am 9. November, am Gedenktag zur Reichspogromnacht 1938, im ganzen Stadtgebiet.

Bei der Aktion hatten die Schülerinnen und Schüler die Aufgabe, sich einen Stein in Stuttgart auszusuchen, dazu einen Steckbrief zu schreiben und sich beim Putzen zu fotografieren. Das Projekt wurde von der Yad-Vashem-Gruppe der Schule organisiert, die eine intensive Partnerschaft mit der gleichnamigen Holocaust Gedenkstätte in Israel pflegt.

Mit der Putzaktion unterstützte die Hedwig-Dohm-Schule die Stuttgarter „Initiative Stolperstein“, durch die schon über 800 Gedenksteine vor den Häusern verfolgter und ermordeter Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Stuttgarter Raum von Kornwestheim im Norden bis Leinfelden im Süden verlegt wurden, um so dieses Stück Geschichte als Mahnung in den Alltag zurückzuholen.

Die Idee der Stolpersteine stammt vom Künstler Gunter Demnig, der 1992 damit begann, meist vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer quadratische Messingtafeln mit ihren Namen und wichtigsten Lebens- und Todesdaten einzulassen, um zu zeigen, dass die Verbrechen der Naziherrschaft auch vor Ort, in der unmittelbaren Nachbarschaft stattgefunden haben. Mit europaweit über 75.000 verlegten Stolpersteinen gilt das Projekt als das größte dezentrale Mahnmal der Welt und soll an das Schicksal der Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, vertrieben, deportiert oder ermordet wurden.

Auch im Zusammenhang mit der Demokratiebildung an der Schule ist das Projekt äußert wertvoll und eine wichtige Erfahrung für die jungen Menschen. Nicht um die Menschen tatsächlich zum Stolpern zu bringen, wie der Erfinder der Stolpersteine Gunter Demnig betont. Vielmehr soll das Bücken, um die Texte auf den Stolpersteinen zu lesen, eine symbolische Verbeugung vor den Opfern sein. Wie es einer seiner Schüler formulierte: „Nein, nein, man stolpert nicht und fällt hin, man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen.“

Text: Katalin Suhai           Bilder: Nadine Mayer